21. September 2015

Eine kleine Bitte an Kai Diekmann

Lieber Kai Diekmann,

mit Ihrer Zeitung fahren Sie derzeit eine Kampagne: Sie versuchen, die freundliche Willkommenskultur in Deutschland zu stärken. Ich unterstütze das Ziel dieser Kampagne.

Gleichzeitig mache ich mir Sorgen. Denn für die Bild-Zeitung gilt das Prinzip: Wer mit ihr im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten. Das hat Ihr Chef Mathias Döpfner vor neun Jahren gesagt - und Sie haben schon bewiesen, dass Sie sich an dieses Prinzip halten.

Ich glaube, dass die Willkommenskultur gerade sehr gebraucht wird. Ich glaube aber auch, dass sie in den nächsten Monaten und Jahren noch mehr gebraucht wird. Wenn die Migranten mehr haben wollen als ein Feldbett in einer Turnhalle. Wenn sie Arbeit wollen, eine Wohnung, einen Ort, um ihre Kultur zu leben. Wenn die Medien sich wieder um andere Themen kümmern und viele Ehrenamtliche vielleicht auch.

Nun ist es als Chefredakteur einer Zeitung eigentlich gar nicht Ihre Aufgabe, Kampagnen zu fahren, glaube ich. Ihre eigentliche Aufgabe ist es, Neuigkeiten zu berichten und zu erklären. Darum werden Sie in Zukunft – hoffentlich – auch über Probleme berichten, wenn es sie gibt. Wenn Integrationsbemühungen scheitern, wenn Flüchtlinge zu Kriminellen werden, wenn Stadtteile kein friedliches Zusammenleben hinbekommen. Und Sie werden – hoffentlich – versuchen, den Ursachen dieser Probleme auf den Grund zu gehen. Diese journalistische Aufgabe kann kompliziert sein, weil nichts nur eine einzige Ursache hat und weil naheliegende Zusammenhänge beim näheren Hinsehen oft gar keine sind. Ein voreilig herangezogenes Erklärungsmuster kann zum Beispiel die Zugehörigkeit zu einer Ethnie sein.

Ich frage mich: Werden Sie auch dann noch versuchen, die Willkommenskultur in Deutschland zu stärken, wenn es unbequem wird? Oder werden Sie zumindest dafür sorgen, dass die Berichterstattung der Bild-Zeitung die Menschen nicht unnötig gegeneinander aufbringt? Um mir und wahrscheinlich vielen anderen diese Sorge zu nehmen, bitte ich Sie um ein Versprechen.

Versprechen Sie uns, dass die Bild-Zeitung nicht suggerieren wird, das Verhalten Einzelner habe mit ihrer Herkunft zu tun, wenn es dafür keine konkreten Anhaltspunkte gibt.

Darum bitte ich Sie.

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